Freitag, 10. Oktober 2014

Putins Rußland: Verbot von Memorial

In Rußland gab es nie eine Aufarbeitung der unvorstellbaren Verbrechen der Sowjetzeit: keine völlige Öffnung der Archive, keine vorbehaltlose historische Forschung, keine Durchleuchtung der Geheimdienste, keine gesellschaftliche Rehabilitierung der vielen Millionen Opfer. All dies hatte sich die unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft Memorial (Denkmal) zur Aufgabe gesetzt. Sie war von Anfang an mit viel zu wenig Mitteln ausgestattet, sie hatte seit der Machtergreifung Putins mit immer stärkeren Repressionen, Drohungen und Einschränkungen zu kämpfen. Möglich war ihre Arbeit nur durch die Hilfe hunderter Ehrenamtlicher, die dafür sorgen wollten, daß die Verbrechen und ihre Opfer nicht vergessen blieben, damit sich dieser Schrecken nicht wiederholt. - Neben der Aufarbeitung der Vergangenheit beobachte Memorial auch die Menschenrechtslage im gegenwärtigen Rußland, unter anderem im Kaukasus, wo seit 15 Jahren Bürgerkrieg herrscht und sich die putinschen Sicherheitsorgane unzähliger Verbrechen schuldig gemacht haben.

Im Rahmen der inneren Kriegsführung gegen die "fünfte Kolonne" - also gegen alle Russen, die sich nicht der Putin-Propaganda unterwerfen - plant das Regime nun, Memorial aufzulösen. Das Oberste Gericht hat einen entsprechenden Antrag des Justizministeriums zur Untersuchung angenommen. Die Anhörung ist auf den 13. November festgesetzt. Offiziellen Gründe für den Antrag wurden nicht bekannt gegeben. Sie spielen auch keine Rolle, da es sich bei dem "Gerichtsverfahren" um eine Propagandaveranstaltung handelt. Die Entscheidung wird - oder wurde bereits - im Kreml getroffen.

RIA Nowosti 10.10.2014
Echo Moskwy 10.10.2014
Sergej Parchomenko 10.10.2014