Donnerstag, 24. November 2016

Putins Rußland: "Rußlands Grenzen enden nirgends"

Am 24. November erklärte W. W. Putin ganz offen: "Rußlands Grenzen enden nirgends." Er fügte hinzu: "Das ist ein Scherz." Rußlands Nachbarn wissen, warum sie besonders vorsichtig werden, wenn Putin zu scherzen beginnt.
rbk.ru 24.11.2016; TASS 24.11.2016

Donnerstag, 18. August 2016

Putins Rußland: Verlust des Gewaltmonopols

Eines der wichtigen Charakteristika eines funktionierenden neuzeitlichen Staates ist die Durchsetzung des Gewaltmonopols. Die nach innen gerichtete Putin-Propaganda verweist dementsprechend ununterbrochen darauf, daß Putin das Chaos und die allgemeine Gewalt der 1990er Jahre beendet habe. In der Realität allerdings gelingt es dem Regime immer weniger, das Gewaltmonopol aufrecht zu erhalten. Das betrifft nicht nur die Dauerkriegsregion Kaukasus, sondern zunehmend auch andere Regionen des Landes, den Großraum Moskau eingeschlossen. An dieser Stelle sollen in Folge gewalttätige Übergriffe gegen staatliche Einrichtungen dokumentiert werden.

  • Am 17.08.2016 überfielen zwei Tschetschenen aus dem Kreis Atschcha-Martan, Republik Tschetschenien, einen Posten der Verkehrspolizei nahe dem Ort Balaschicha, wenige Kilometer östlich von Moskau, mit Äxten. Sie verwundeten zwei Polizisten, bevor diese die Angreifer töten konnten. (Kommersant 18.08.2016.)

Sonntag, 31. Juli 2016

WWP: Gandhi

Bei einer Pressekonferenz am 4. Juni 2007 antwortete W. W. Putin auf die Frage des "Spiegels", ob er sich für einen "lupenreinen Demokraten" hält:
"Ob ich ein lupenreiner Demokrat bin? Natürlich, ich bin ein absoluter und reiner Demokrat. Aber wissen Sie, worin das Problem besteht? Oder nicht einfach ein Problem - eine wirkliche Tragödie? Darin, daß ich der einzige bin, Andere dieser Art gibt es auf der Welt nicht. [...] Nach dem Tod Mahatma Gandhis gibt es niemanden, mit dem ich sprechen könnte."

Der Kreml hat die Originaltranskription der Pressekonferenz inzwischen von seiner Seite gelöscht. Es gibt aber etliche Kopien und Übersetzungen ins Englische im Internet. Im deutschen Internet fehlt das Zitat weitgehend.

Sonntag, 17. Juli 2016

Rußlands Krieg gegen die Ukraine: Bellingcat-Berichte

Am 17. Juli 2014 schossen russische Truppen das zivile Flugzeug MH-17, die Boeing einer malaysischen Fluglinie, ab. Seitdem ist der russische Propagandaapparat damit beschäftigt, die Beteiligung russischer Truppen an diesem Verbrechen zu leugnen und die Schuld der Ukraine zuzuschieben. In der mittel- und westeuropäischen Öffentlichkeit - bei vielen Medien, Politikern und einfachen Bürgern - war und ist die russische Propaganda damit sehr erfolgreich. Deutsche Medien zum Beispiel weigern sich bis heute anzuerkennen, daß der Abschuß durch russische Truppen erfolgte.

Die Gruppe, die wohl am meisten dazu beigetragen hat, die Verantwortung Rußlands für das Verbrechen lückenlos nachzuweisen, ist Bellingcat (siehe die Internetseite). Sie publiziert ihre Ergebnisse in Berichten, die - wenig verwunderlich - von den deutschen Medien weitestgehend ignoriert werden. Der neueste Bericht erschien am 15.07.2016 und befaßt sich unter anderem damit, daß die Photographien, die Rußland als Beweise vorgelegt hat, gefälscht sind. Der Bericht wurde, wie immer, auf der Internetseite der Gruppe publiziert und steht in englischer und russischer Sprache zur Verfügung.

Donnerstag, 7. Juli 2016

Rußlands Krieg gegen die Ukraine: Kertscher Brücke

Mit dem Bau einer Brücke über die Meerenge bei Kertsch, die das Schwarze mit dem Asowschen Meer verbindet, will das Putin-Regime den Zugang der okkupierten Halbinsel für eigene Truppen, Sicherheitsorgane sowie den Privatverkehr, vor allem Handelsgüter und Touristen, verbessern.

Den geplanten Verlauf der Brücke kann man hier sehen
Das Satellitenbild ohne Eintragungen gibt es auf google.maps hier.

Wie zu erwarten, dient das Projekt in erster Linie dazu, Staatsgelder in großem Umfang in Privattaschen zu leiten. Dementsprechend kommt es immer wieder zu Problemen und Verzögerungen, die fortan hier dokumentiert werden sollen.

05.07.2016: Die Eröffnung der Brücke für den Autoverkehr wurde auf den 18.12.2018, für den Eisenbahnverkehr auf den 01.12.2019 verschoben (Verfügung der russischen Regierung).

22.02.2017: Die Kosten für den 8,6 Kilometer langen Anschluß der Kertscher Brücke an die nächstgelegene Hauptverkehrsstraße "Taurien" auf der Krim wurden von Roman Starowojt, dem Chef der Bundesstraßenagentur der Russischen Föderation (Rossawtodor) auf 7,1 Mrd. Rubel beziffert. Die Fertigstellung des Anschlusses soll zusammen mit der der Brücke im Dezember 2018 erfolgen. Ausführende Firma ist die AG "WAD" (Abkürzung für "Hochqualitative Autostraßen") mit Sitz in St. Petersburg. (Siehe interfax und kasparow.ru.)

16.05.2018: Am Morgen dieses Tages wurde der Auto-Teil der Kertscher Brücke für den allgemeinen Verkehr geöffnet. Die Eröffnung des Eisenbahn-Teils ist für 2019 geplant. (Эхо Москвы 16.05.2018.)

Freitag, 17. Juni 2016

Putins Rußland: Neue Pionierorganisation

Am 29. Oktober 2015 publizierte Putin seinen Erlaß "Über die Schaffung der Allrußländischen gesellschaftlich-staatlichen Kinder- und Jugendorganisation 'Russische Schülerbewegung'" (nachzulesen hier). Während andere Erlasse nur Teil der Medienarbeit sind und nach ihrer Verkündung umgehend vergessen werden, gelangte dieser zur Ausführung. Die "Bewegung" wurde gegründet und präsentiert sich mit eigener Internetseite. Zweck der "Bewegung" ist die "patriotische Erziehung" und "Selbstverwirklichung" der Schüler auf der Grundlage der "der rußländischen Gesellschaft eigenen Werte".

Regionale Abteilungen entstehen, wobei die Leitungspositionen der Regionalabteilungen nicht von den Mitgliedern gewählt, sondern von Moskau bestimmt werden. Die "Bewegung" ist der staatlichen Einrichtung "Rußländisches Kinder- und Jugendzentrum" unterstellt, welcher für den Aufbau der "Bewegung" die nötigen Finanz- und Sachmittel zur Verfügung gestellt werden.

Kennzeichen der "Bewegung" sind das rote Halstuch und der Wahlspruch „Immer bereit“, der sämtlichen Schülern der Sowjetunion und der DDR vertraut ist: Das waren die Hauptzeichen der Pionierorganisationen beider Länder, womit auch auf symbolischer Ebene klar wird, welche Tradition hier fortgesetzt wird - die des Totalitarismus, der bereits kleine Kinder erfassen und bearbeiten will.

kasparov.ru 17.06.2016

Dienstag, 12. April 2016

Those were the days

Höchst interessant: Die Geschichte des Liedes "Дорогой длинною", das Paul McCartney 1968 in der englischen Fassung für Mary Hopkin produzierte, von Andrej Schipilow auf kasparov.ru am 11.04.2016.

Mittwoch, 30. März 2016

Putins Rußland: Flugzeugabstürze

In Rußland stürzen so regelmäßig Flugzeuge ab, daß es sich lohnt, ein Verzeichnis dazu anzulegen und regelmäßig zu ergänzen.
  • 04.06.2015 MiG-29 (Jagdflugzeug), bei Astrachan, Rettung der Besatzung durch Schleudersitz
  • 14.07.2015 Tu-95 (Bombenflugzeug), Chabarowskij Kraj, Rettung der Besatzung
  • 25.01.2016 MiG-31 (Jagdflugzeug), Krasnojarskij Kraj, Rettung der Piloten durch Schleudersitz
  • 19.03.2016 Boeing 737-800 (Zivilflugzeug), Rostow a. D., Tod aller 62 Passagiere und Besatzungsmitglieder
  • 30.03.2016 Su-25 (Kampfflugzeug), Primorskij Kraj, Rettung des Piloten durch Schleudersitz, Absturz auf Dorf, Zerstörung landwirtschaftlicher Gebäude, kein Personenschaden
  • 09.06.2016 Su-27 (Jagdflugzeug), Moskauer Oblastj, Tod des Piloten, Absturz im Wald
  • 01.07.2016 IL-76 (Transportflugzeug), Irkutsker Oblastj, Tod aller 10 Besatzungsmitglieder
  • 25.12.2016 Tu-154 (Verkehrsflugzeug), über dem Schwarzen Meer, Tod aller 83 Passagiere (u. a. Propagandisten und Musiker) und 8 Besatzungsmitglieder
  • 11.02.2018 An-148 (Verkehrsflugzeug der Gesellschaft "Saratower Airlines"), bei Moskau, Tod aller 65 Passagiere und 6 Besatzungsmitglieder
Zudem kommt es wiederholt zu Unglücken von Militärflugzeugen, auch mit Todesfolgen, auf Flugplätzen, vor allem beim Landen.

Dienstag, 23. Februar 2016

Deutsche Deppen: Berliner Zeitung

Die Berliner Zeitung wird ihrem Ruf als gute Stütze des Putin-Regimes in Deutschland erneut voll gerecht. In der Ausgabe vom 23.02.2016 schreibt sie ganz oben auf Seite 3 in einer Reportage aus dem lettischen Daugavpils über die Bedrohung, die Rußland für Lettland darstellt: "Die russischsprachige Bevölkerungsgruppe gibt es hier schon länger als den lettischen Staat." Typische Putin-Propaganda: Fakten so auszuwählen und zu plazieren, daß sie den Interessen des russischen Regimes nutzen. Im Text ist dann noch von "Kriegserklärung gegen ein Fünftel der eigenen Bevölkerung" die Rede. Interessant wäre doch, ob die Berliner Zeitung genauso drucken würde: "Die deutschsprachige Bevölkerungsgruppe gab es 1938 im Sudetengebiet schon länger als den tschechoslowakischen Staat."

Sonntag, 21. Februar 2016

Umberto Eco: Urfaschismus

Bei einer Vorlesung an der Columbia University, New York, am 24.04.1995 anläßlich des 50. Jahrestages des Endes des 2. Weltkriegs führte der italienische Schriftsteller Umberto Eco 14 Punkte aus, die aus seiner Sicht den "Urfaschismus" kennzeichnen.
  1. Traditionskult.
  2. Ablehnung der Moderne - nicht moderner Technik, wohl aber modernen Denkens und moderner Werte.
  3. Mißtrauen gegenüber dem Intellekt und dem Denken; Kult der Aktion um der Aktion willen.
  4. Differenzierung wird als Verrat betrachtet.
  5. Ablehnung von Fremden und Fremdem; Grundveranlagung zum Rassismus.
  6. Appell an die enttäuschte Mittelklasse angesichts einer Wirtschaftskrise.
  7. Mythos, das Land sei von Feinden umgeben.
  8. Feinde werden gleichzeitig als stark (Gefahr!) und schwach (aber wir werden sie besiegen!) dargestellt.
  9. Leben ist Kampf, Pazifismus ist dementsprechend Verrat.
  10. Doppeltes Elitebewußtsein: Einerseits lebt jeder Bürger im besten Land der Welt, ist Teil des besten Volkes der Welt, andererseits führt die starke Hierarchisierung durch das Führerprinzip zu einem Elitebewußtsein, das die Bewunderung der Höhergestellten und Verachtung der Niedrigergestellten nach sich zieht.
  11. Heroisierung des Todes und Geringschätzung des Lebens der Untergebenen.
  12. Ablehnung der Gleichberechtigung der Frau, Verfolgung sexueller Minderheiten, Heroisierung der Waffe.
  13. Legitimität geht nicht mehr von einem Parlament, sondern von einem Führer aus.
  14. Vereinfachung der Sprache in Vokabular und Grammatik.
Jedem, der sich auch nur mittelgut im Putin-System auskennt, springen die fast völligen Übereinstimmungen mit dem gegenwärtigen Rußland ins Auge.

Die englische Fassung ist hier zu finden. Eine deutsche, gekürzte Übersetzung von Ecos Vorlesung wurde in der Zeit vom 07.07.1995 publiziert.

Donnerstag, 21. Januar 2016

Putins St. Petersburg

Der Journalist Dmitri Sapolski spricht in einer Interviewserie mit der Internetseite Russischer Monitor (rusmonitor.com) sehr ausführlich über Putins Jahre im Machtapparat in St. Petersburg während der frühen und mittleren 1990er Jahre. Besonders gut wird das Geflecht von Stadtverwaltung, Sicherheitskräften und organisierter Kriminalität sichtbar, in das Putin wie auch alle anderen damals Beteiligten eingebunden waren. Ein Großteil der Personen, die heute einflußreiche Positionen auf Bundesebene innehaben, tummelten sich damals schon in Putins Umgebung: Tschubais, Iwanow, Setschin, Tschurow, Miller, Medwedjew und viele andere.

29.12.2015 Teil 1
11.01.2016 Teil 2 (besonders interessant)
19.01.2016 Teil 3