Samstag, 10. Mai 2014

Rußland: Geschichtszensur

In Rußland wurde offiziell per Gesetz die Geschichtszensur eingeführt. Das Strafgesetzbuch wurde um den Punkt 354.1 - Rehabilitation des Nazismus - erweitert. Bei dem Titel des neuen Gesetzes handelt es sich um eine Benennung in Orwellscher Tradition: Man gibt vor, gegen den Nationalsozialismus zu kämpfen, zwingt dem Land aber eigentlich die einheitliche Geschichtssicht des Neostalinismus putinscher Prägung auf. Nationalsozialistische Agitation stand auch jetzt schon unter Strafe, wurde aber nie verfolgt. Der Kern des neuen Gesetzes verbirgt sich weiter hinten in seinem Text: Bestraft wird "распространение заведомо ложных сведений о деятельности СССР во время Второй мировой войны, соединенных с обвинением в совершении преступлений" - die Verbreitung bewußt falscher Informationen über die Tätigkeit der UdSSR während des Zweiten Weltkriegs, verbunden mit der Anschuldigung, Verbrechen begangen zu haben. Das Gesetz ist nicht auf die Zeit des 2. Weltkriegs beschränkt. Unter Strafe steht auch "распространение выражающих явное неуважение к обществу сведений о днях воинской славы и памятных датах России, связанных с защитой Отечества" - die Verbreitung von deutliche Mißachtung der Gesellschaft ausdrückenden Informationen über Tage militärischen Ruhms und Gedenkdaten Rußland, die mit dem Schutz des Vaterlandes verbunden sind.
Internetseite des Kremls 05.05.2014,
Сова-центр 05.05.2014 und
Kolumne des Historikers Boris Sokolow auf Грани.ру 06.05.2014.