Donnerstag, 5. März 2015

Putins Rußland: Die Abwicklung von "Museum 36"

Das Umerziehungs- und Arbeitslager Perm 36 (offizielle Bezeichnung: ITK-36) für "besonders schwere Staatsverbrechen" war Teil des allgegenwärtigen Lagersystems (Gulag) während der Stalinschen Terrorherrschaft. Es wurde 1946 geschaffen, zunächst in erster Linie für Menschen aus dem Baltikum und aus der Ukraine, die für die Freiheit und Unabhängigkeit ihrer Heimat eintraten. 1992 begann die Umwandlung in ein Museum der politischen Repressionen, das 1996 eröffnet und seitdem vom Förderverein "Perm 36" getragen wurde. Es handelte sich um das einzige Gulag-Museum an einem historischen Ort.

Am 2. März 2015 erklärte der Trägerverein, daß er vom Staat in die Liquidation gezwungen wird und sich demnächst auflösen muß. Die staatlichen Behörden übernahmen den Komplex, zu ihren ersten Handlungen gehörte es, alle Hinweise auf Stalin, die Repressionen und den politischen Hintergrund des Lagersystems zu beseitigen. Die politische Gedenkstätte wurde umgehend vernichtet und an ihre Stelle ein völlig neutrales Gefängnismuseum gesetzt.

Erklärung des Trägervereins auf perm36.ru (02.03.2015) und gespiegelt auf Echo Moskwy (03.03.2015)
Information über die Beseitigung aller historisch-politischen Spuren im Museum auf Doshdj (04.04.2015), entsprechende Nachricht auf glavnoe.ua (04.04.2015)

Nachtrag. Am 18.03.2015 brachte die ansonsten höchst putinlastige Berliner Zeitung einen sehr guten Artikel von Bert Hoppe unter dem Titel "Wer bestimmt die Erinnerung?" über die Zerstörung von Perm-36: Berliner Zeitung, Jg. 71, Nr. 65 HA (Mi, 18.03.2015), S. 23*.