Samstag, 20. Juni 2015

Putins Rußland: Orthodoxe Kirche

Die Russisch-orthodoxe Kirche (RPZ) ist ein wichtiger und völlig integrierter Teil des Putin-Regimes. Sie unterstützt die Politik und die Verbrechen des Präsidenten vorbehaltslos, und der Präsident verschafft ihr immer mehr Reichtum und Einfluß und hat die in der Verfassung festgeschriebene Trennung von Staat und Kirche schon lange ausgehebelt. Entsprechend verwundert es wenig, daß auch Vertreter der - nominell christlichen - Kirche immer häufiger und heftiger die militaristische, kriegstreiberische Propaganda des Regimes mittragen und versuchen, ihr eine "religiöse" Basis zu geben.

In der Diskussionssendung "Clinch. Wird in Rußland die Balance zwischen Weltlichem und Religiösem beachtet?" auf dem Radiosender Echo Moskwy erklärte Wsewolod Tschaplin, Erzpriester der RPZ, Vorsitzender der Synodalabteilung der RPZ für Beziehungen zwischen Kirche und Gesellschaft sowie Mitglied des putinschen Propagandaorgans "Gesellschaftliche Kammer der Russischen Föderation", seine Ansichten zum Thema Krieg. Im Detail führte er aus:

"Wenn die Gesellschaft unter den Bedingungen eines relativen Friedens - Ruhe, Sattheit - einige Jahrzehnte, zwei bis drei, lebt, kann sie unter den Bedingungen von Weltlichkeit existieren. Niemand wird für den Markt oder die Demokratie sterben, aber die Notwendigkeit für die Gesellschaft, für ihre Zukunft zu sterben, entsteht früher oder später. Es gibt keinen langen Frieden. Der Friede wird jetzt, Gott sei Dank, nicht lange andauern. Warum sage ich 'Gott sei Dank'? Eine Gesellschaft, in der das Leben zu satt und ruhig, zu problemlos, zu komfortabel ist - das ist eine von Gott verlassene Gesellschaft, diese Gesellschaft lebt nicht lange.

Die Balance zwischen Weltlichkeit und Religiosität wird letztlich wohl von Gott selbst gelenkt, der sich in die Geschichte einmischt und Leiden schickt. Leiden, die in diesem Fall von Nutzen sind. Denn sie ermöglicht es denen, die sich zu sehr daran gewöhnt haben, ruhig und komfortabel zu leben, sich zu besinnen. Und dann zeichnet sich wieder eine echte Balance ab.
"

Der Gesprächspartner Tschaplins, der liberale Politiker Leonid Goßmann, erwiderte: "Ich möchte darauf hinweisen, daß Erzpriester Wsewolod Tschaplin gerade sagte, daß es, Gott sei Dank, bald Krieg geben werde. Ich hoffe, daß Sie sich irren, und hoffe, daß Gott, wenn es ihn gibt, so etwas nicht zuläßt."

Worauf Tschaplin antwortete: "Wenn die Menschen gewöhnt sind, zu ruhig zu leben, ist es besser, daß [es Krieg gibt] ..."

Echo Moskwy 17.06.2015