Sonntag, 10. August 2014

Putins Rußland: Sanktionen gegen sich selbst I

Alle Welt reagierte mit Amüsement, als Rußland erklärte, als Reaktion auf die Sanktionen der zivilisierten Welt jetzt das eigene Angebot an Nahrungsmitteln einzuschränken, also die Lebensmittelpreise für die Russen zu erhöhen. Es war dies allerdings nicht die erste Sanktionsmaßnahme, mit der das Putin-Regime dem eigenen Land und seiner Wirtschaft schadete. In den vergangenen Wochen brachen in munterer Folge russische Tourismusfirmen zusammen. Das wurde sogar im Westen registriert, weil plötzlich russische Touristen in Griechenland oder Spanien ohne Rückreisemöglichkeit festsaßen. Das hatte - entgegen anderslautender Kommentare nichtsahnender westlicher Journalisten - nichts mit den Sanktion der zivilisierten Welt vom Sommer zu tun. Vielmehr ist dies eine Folge russischer Maßnahmen der ersten Jahreshälfte. Eines der vielen Erbstücke, die Rußland aus der Sowjetunion übernahm, sind Reiseverbote für die eigenen Staatsbürger. Personen, die in "sensiblen Bereichen", wie der Atomwirtschaft, arbeiten, erhalten keinen Reisepaß, können also nicht ins Ausland fahren. Der Kreis dieser Personen wurde im Frühjahr massiv ausgeweitet - auf große Kreise der Staatsbeamten, Militärs, Polizei, Staatsanwaltschaft, Mitarbeiter des Katastrophenministeriums (ja, das gibt es in Rußland) und ähnlicher Einrichtungen. Es war gerade der Personenkreis, der recht viel Geld verdient (wenn auch eher selten als reguläres Gehalt) und Pauschalreisen buchte. Diese hunderttausenden Personen (der russische Staats- und Sicherheitsapparat ist extrem aufgebläht) fielen als Kunden fort - und in der Folge brechen jetzt die Tourismusfirmen zusammen. Und zwar nicht nur kleine, sondern auch Marktführer.

Sergej Parchomenko, Echo Moskwy 08.08.2014